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Der Montageablauf im Anlagebau - auch der Besteller ist in der Pflicht

Ein erfolgreiches Anlagebauprojekt setzt gut geplante Montageabläufe und eine geordnete Inbetriebnahme voraus. Regelmässig muss auch der Besteller dazu seinen Beitrag leisten. 

Ist die Mitwirkung des Bestellers ungenügend, kann das zu hohen Kosten, Termin- und Qualitätsproblemen führen. 

Der Anlagebauer muss sich das nicht gefallen lassen. Er kann Mehrkosten aus Ablaufstörungen und Beschleunigungsmassnahmen geltend machen, Termine verschieben und unter bestimmten Umständen sogar die Gewährleistung reduzieren. 

Anspruch auf den vereinbarten Montageablauf 

Die Montage ist Teil des werkvertraglichen Herstellungsprozesses, der durchlaufen wird, bis die Anlage schliesslich an den Besteller übergeben wird. Diese Projektphase gehört grundsätzlich dem Anlagebauer, auch wenn sie auf dem Gelände des Bestellers stattfindet. 

Der Anlagebauer hat einen Anspruch darauf, dass der im Vertrag vereinbarte Ablauf eingehalten wird. Er darf davon ausgehen, dass er seine Arbeit vorausplanen und seine Ressourcen effizient einsetzen kann und dass er nicht behindert wird. 

Die Bedeutung des ungestörten Montageablaufs wird vom Besteller oft unterschätzt. Montagekosten können durch kurzfristige Ablaufänderungen oder Behinderungen massiv und unverhältnismässig steigen. 

Anspruch auf eine geordnete Inbetriebnahme 

Auch die Inbetriebnahme ist meistens Teil des Herstellungsprozesses. Sie ist nicht nur eine Pflicht, sondern auch ein Recht des Anlagebauers! 

Die Inbetriebnahme gibt ihm die Gelegenheit, die Anlage unter Betriebsbedingungen auszutesten und Kinderkrankheiten auszumerzen. Nachteile dürfen ihm daraus keine entstehen. Der Besteller hat ihm dazu Zeit, Platz und (im Rahmen des Vertrags) auch Einrichtungen und Ressourcen zur Verfügung zu stellen. 

Ansprüche aus Ablaufstörungen 

Wenn der Besteller (auch durch Vor- oder Nebenunternehmer) vereinbarte Abläufe behindert oder bestellerseitige Leistungen nicht erbringt, verletzt er seine Mitwirkungspflichten. Rechtlich gerät er in Annahmeverzug. Daraus entstehen dem Anlagebauer verschiedene Rechtsansprüche. 

Verschiebung der Vertragstermine 

Ablaufstörungen und Behinderungen geben dem Anlagebauer einen Anspruch auf eine angemessene Erstreckung der Vertragstermine. Bei Unterbrüchen gehört dazu auch eine realistische Mobilisierungszeit, wenn Montagepersonal abgezogen und nach einem Unterbruch wieder neu organisiert werden muss. 

Vergütung von Beschleunigungsmassnahmen 

Wird der Anlagebauer im Montageablauf behindert, wird er versuchen, den ganzen Montageprozess zu beschleunigen, damit überhaupt noch eine Chance besteht, den Termin einzuhalten. Das ist immer mit zusätzlichen Kosten verbunden. Der Anlagebauer hat Anspruch darauf, dass ihm diese Beschleunigungskosten vergütet werden. 

Beschleunigungsmassnahmen, welche im Rahmen von Bestellungsänderungen ausgeführt werden, muss der Besteller anordnen. Um bei Ablaufstörungen (welche keine Bestellungsänderungen sind!) Abgrenzungsdiskussionen zu vermeiden, sollte vorgängig klargestellt werden, ob der Besteller effektiv eine Beschleunigung respektive Termineinhaltung verlangt. 

Vergütung von Zusatzleistungen 

Ablaufstörungen können Zusatzleistungen erfordern: 

  • Zwischenlagerungen oder zusätzliche Transporte; 
  • Abzug und Wiedermobilisierung von Montageequipen oder Montagegeräten; 
  • Zusätzliche, bei vertragskonformem Ablauf nicht anfallende Aufwendungen; 
  • Erhöhte Aufwendungen für Montage- und Projektleitung. 

Der Besteller muss dem Anlagebauer diese Mehrkosten nach den Prinzipien der Bestellungsänderung bezahlen (d.h. regelmässig gemäss effektivem Aufwand mit angemessenem Zuschlag für rückwärtige Kosten und Risiko/Gewinn). 

Abgeltung des Produktivitätsverlustes 

Der Anlagebauer darf davon ausgehen, dass er seine Arbeit vorausplanen und seine Ressourcen effizient einsetzen kann, und dass er nicht behindert wird. 

Kurzfristige Umdispositionen, ungeplante Unterbrüche und Behinderungen führen zu einem generellen Produktivitätsverlust der gesamten Montageequipe. Diesen Produktivitätsverlust muss der Besteller abgelten, wenn er seine Mitwirkungspflichten verletzt. 

Reduzierte Gewährleistung 

Störungen im Montageablauf oder eine chaotische Situation bei der Inbetriebnahme können dazu führen, dass Kompromisse bei der Qualität gemacht werden, Kinderkrankheiten nicht erkannt werden oder die Schulung ungenügend ausfällt. 

Ist dies auf die ungenügende Mitwirkung des Bestellers zurückzuführen, dürfen dem Anlagebauer daraus keine Nachteile entstehen. Der Besteller kann allenfalls Teile seiner Gewährleistungsansprüche verlieren. Auch können beispielsweise Verfügbarkeitsgarantien hinfällig werden. 

Grundsätzlich gilt jedoch: Der Anlagebauer hat eine mängelfreie Anlage abzuliefern. Zwingende Voraussetzung für eine reduzierte Gewährleistung ist daher eine vorgängige Abmahnung! In der Abmahnung muss der Anlagebauer die Konsequenzen der Ablaufstörung auf die Qualität aufzeigen und Alternativen vorschlagen. 

Anzeigen 

Es empfiehlt sich, veränderte Abläufe und Behinderungen dem Besteller laufend schriftlich anzuzeigen. Eine Behinderungsanzeige ist zwar keine zwingende Voraussetzung für einen Vergütungsanspruch, gehört jedoch zum professionellen Projektmanagement, ist ein Gebot der Fairness und entschärft im Streitfall Beweisprobleme. 

Beweislast - schreiben - schreiben - schreiben 

Der Anlagebauer ist beweispflichtig, wenn er aus der mangelhaften Mitwirkung des Bestellers Ansprüche geltend machen will. Misslingt ihm der Beweis, fällt auch der Anspruch weg! 

Die Projektdokumentation ist daher im Streitfall match-entscheidend:

  • Lückenlose Dokumentation der Montagetätigkeit 
  • Sitzungsprotokolle mit Protokollgenehmigung 
  • Laufende Anpassung und Kommunikation von Terminplänen 
  • Schriftliche Behinderungsanzeigen und Abmahnungen 
  • Schriftliche Bestätigung von mündlichen Abmachungen 

Das Zivilprozessrecht stellt das Institut der vorläufigen Beweisaufnahme zur Verfügung. Damit können Zustände, die später nicht mehr beweisbar sind, für einen allfälligen Forderungsprozess dokumentiert werden. Dieses gerichtliche Verfahren darf aber nur die allerletzte Massnahme sein. Es kann zu zusätzlichen Behinderungen in der Montage oder beim Anlagebetrieb führen und wird vom Besteller als Kriegserklärung verstanden. Zudem kann (und wird) der Besteller eine Sicherheitsleistung für durch das Verfahren drohende Schäden verlangen. 

Vorgehen bei veränderten Abläufen und Behinderungen 

Veränderte Abläufe und Behinderungen sind häufige Erscheinungen und beginnen oft schleichend. Die Projektprozesse müssen darauf ausgerichtet sein. Den Projektverantwortlichen muss bekannt sein, wie sie vorzugehen haben: 

  • Laufender Soll-Ist-Vergleich der Abläufe; 
  • Klare, rasche und schriftliche Behinderungsanzeigen; 
  • Klarstellung der Terminsituation (Beschleunigungsmassnahmen ja/nein?) 
  • Schriftliche Abmahnung bei Gefährdung von Funktionalität, Qualität, Leistungswerten oder Verfügbarkeiten (Gewährleistungsansprüche);
  • Nachtragsforderungen zeitgerecht stellen.