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e:1.18 Wer ist Aktionär? - Nachweis der Aktionärsstellung beim Unternehmenskauf

Beim Unternehmenskauf muss der Verkäufer gewährleisten, dass er Aktionär ist. Dafür braucht er ein korrekt geführtes Aktienbuch einschliesslich der zugrunde liegenden Belege (Kopien der Aktien, Zessionserklärungen etc.). In der Praxis ist das Aktienbuch häufig lückenhaft, was in den Vertragsverhandlungen zu unnötiger Verunsicherung führt. Es lohnt sich deshalb, das Aktienbuch rechtzeitig zu "sanieren" und à jour zu halten.

Aktien und Aktienzertifikate

Die meisten Aktiengesellschaften kennen Namenaktien. Die daneben existierenden Inhaberaktien verlieren zunehmend an Bedeutung. Für das Thema dieses Beitrags bleiben Inhaberaktien daher aussen vor. 

Namenaktien lauten auf eine bestimmte, der Gesellschaft namentlich bekannte Person. Eine Gesellschaft kann Aktien in der Form eines physischen Wertpapiers ausgeben (verbriefte Namenaktien). Dabei kann sie entweder für jede einzelne Aktie ein Wertpapier ausstellen oder aber mehrere Aktien in einem Zertifikat (z.B. Zertifikat Nr. 1 über die Aktien 1-100) zusammenfassen. Die Gesellschaft kann aber auch gänzlich auf die Ausgabe solcher Wertpapiere verzichten.

Wertpapiere werden vom Verwaltungsrat ausgefertigt. Die Ausfertigung ist mit einem Verwaltungsratsprotokoll zu dokumentieren. 

Übertragung von Namenaktien

Für die Übertragung von verbrieften Namenaktien ist – neben dem Kaufvertrag als Grundgeschäft – zweierlei erforderlich. Erstens muss das Wertpapier dem Besitzer physisch übertragen werden und zweitens braucht es ein Indossament. Ein Indossament ist eine auf dem Wertpapier selber angebrachte und unterzeichnete Übertragungserklärung. Wird der Unterzeichner nicht namentlich genannt, liegt ein Blankoindassoment vor, d.h. der Besitzer kann jederzeit selber einen beliebigen Empfänger eintragen.

Bei nicht verbrieften Namenaktien erfolgt die Übertragung durch eine Zession. Eine Zession ist eine vom Übertragenden und vom Erwerber unterzeichnete schriftliche Erklärung über die Abtretung der Namenaktien. Die Zession bedarf zur Gültigkeit zwingend der Schriftlichkeit im Sinne des OR.

Sind Namenaktien in einem Zertifikat verbrieft worden und soll nur ein Teil dieser Namenaktien übertragen werden (z.B. sind in einem Zertifikat 50 Aktien verbrieft, es sollen aber nur die Nr. 1 bis 30 übertragen werden), so ist das Zertifikat zu vernichten. Stattdessen sind entweder einzelne Namenaktien oder neue Zertifikate auszugeben, welche nur die zu übertragenden Namenaktien zusammenfassen. Für die Vernichtung und Neuausgabe von Aktien ist der Verwaltungsrat zuständig. Voraussetzung dafür ist, dass das Original des zu vernichtenden Zertifikats dem Verwaltungsrat vorliegt. Über die Vernichtung sowie die Neuausgabe ist ein Verwaltungsratsbeschluss zu fassen und zu protokollieren.

Aktienbuch

Eine Gesellschaft mit Namenaktien muss ein Aktienbuch führen. Aus diesem ergibt sich, wer Aktionär ist. Aktionäre, welche nicht im Aktienbuch eingetragen sind, können ihre Aktionärsrechte nicht wahrnehmen. Will ein Aktionär sich in das Aktienbuch eintragen lassen, so muss er sich über seine Aktionärsstellung ausweisen. Bei verbrieften Namenaktien erbringt der Aktionär diesen Nachweis durch den Besitz des indossierten Wertpapiers, bei unverbrieften Namenaktien durch Vorlage der schriftlich abgefassten Zession. Dem Verwaltungsrat wird empfohlen, eine Kopie vom Nachweis anzufertigen oder zumindest die Überprüfung des Nachweises unter Benennung des Belegs zu protokollieren.

Das Aktienbuch muss nicht nur über die aktuelle Verteilung der Aktien Auskunft geben, sondern auch über sämtliche vergangenen Transaktionen seit der Gründung (wer hat wann welche Aktien an wen übertragen?). Gerade bei älteren Aktiengesellschaften ergibt dies für einzelne Aktienpakete oft eine Reihe von Transaktionen über mehrere Stationen hinweg.

Die Führung des Aktienbuchs liegt in der Verantwortung des Verwaltungsrats.

Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten

Der Erwerber von Namenaktien einer nicht börsenkotierten Gesellschaft hat der Gesellschaft jeden Aktienerwerb zu melden, sobald er dadurch den Grenzwert von 25 Prozent des Aktienkapitals oder des Stimmrechts direkt oder indirekt erreicht. Dabei nennt der Erwerber den Vor- und Nachnamen sowie die Adresse der an den Namenaktien wirtschaftlich berechtigten Person. Die Gesellschaft ihrerseits führt ein Verzeichnis über diese Meldungen, in welchem sie die getätigten Angaben festhält. Das Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten lässt sich mit dem Aktienbuch kombinieren. Mehr zu diesem spezifischen Thema im Fokus-Beitrag vom November 2015 von Alexander Schmid und Dr. Jean-Daniel Schmid.

Rechtsfolgen von Übertragungsfehlern für den Aktionär

Ist eine Übertragung fehlerhaft (z.B. existiert bei unverbrieften Namenaktien keine Zession oder ist eine verbriefte Namenaktie nicht indossiert), so erlangt der erwerbende Aktionär keine Aktionärsstellung und ein korrekt handelnder Verwaltungsrat dürfte ihn nicht ins Aktienbuch eintragen.

Rechtsfolgen eines fehlerhaften Aktienbuchs für die Gesellschaft

Wenn der Verwaltungsrat zur Generalversammlung einlädt oder Dividenden ausschüttet, so hält er sich an das Aktienbuch. Ist dieses fehlerhaft, sind die entsprechenden Handlungen mangelbehaftet. Die Beschlüsse einer Generalversammlung, zu welcher die falschen Aktionäre eingeladen wurden, wären anfechtbar. Auch die Rechtmässigkeit bereits entrichteter Dividenden könnte in Frage gestellt werden.

Rechtsgewährleistung beim Unternehmenskauf

Wenn ein Unternehmenskauf als Share Deal konzipiert ist, werden primär die Aktien des Unternehmens verkauft. Der Verkäufer muss dann gewährleisten, dass ein Dritter dem Käufer den Kaufgegenstand nicht entzieht (Rechtsgewährleistung). Liegt aber bezüglich der verkauften Aktien ein Übertragungsfehler vor, könnte genau dies geschehen. Dann wäre der Verkäufer nicht der berechtigte Aktionär, sondern ein Dritter, welcher diese Aktien vor ihm hielt. Und dieser Dritte könnte die Aktien entweder vom Käufer herausverlangen oder aber gegenüber dem Unternehmen die Anerkennung der Aktionärsstellung durch Eintragung ins Aktienbuch verlangen. Beides wäre für den Unternehmenskäufer im Minimum mit erheblichen Umtrieben und im schlimmsten Fall mit gravierenden rechtlichen Konsequenzen verbunden. Unternehmenskäufer legen deshalb grossen Wert auf ein vollständiges Aktienbuch und eine lückenlose Herleitung der Aktionärsstellung des Verkäufers bis zum Gründungsakt.

Empfehlungen

Die Ausgabe von Aktien in der Form eines Wertpapiers kompliziert die Übertragung von Aktien, weil selten Zertifikate oder Aktien in der geforderten Stückelung vorhanden sind. Bei der Vernichtung und Neuausgabe von Aktien kommt es oft zu Versäumnissen oder Fehlern. Überlegen Sie sich deshalb gut, ob Sie die Aktien verbriefen möchten. Verzichten Sie der Übersichtlichkeit halber darauf, Aktienzertifikate häufig zu wechseln bzw. neu auszugeben. Eine kleine Stückelung kann hierbei nützlich sein. Findet die Übertragung der Aktien mittels Zession statt, stellen Sie sicher, dass auch die Gesellschaft über eine Zessionserklärung verfügt, damit diese in den Gesellschaftsakten sicher aufbewahrt werden kann.

Überprüfen Sie bei Gelegenheit Ihr Aktienbuch. Lassen sich alle Übertragungen bis zum Zeitpunkt der Gründung zurückverfolgen? Liegt für jede Neueintragung ein Beleg vor, welcher den Eintrag ins Aktienbuch rechtfertigt? Sind die Meldungen der wirtschaftlich Berechtigten (sofern erforderlich) erfolgt und im Verzeichnis eingetragen?

Zeigen sich bei der Überprüfung des Aktienbuchs Mängel, prüfen Sie, ob sich diese nachträglich beheben lassen.

Weisen Sie einen ernsthaft interessierten Kaufinteressenten anlässlich der Due Diligence Prüfung selber auf bestehende Rechtsgewährleistungsrisiken hin. Oft sind Risiken nur theoretischer Natur, da es einem früheren Aktionär nicht in den Sinn kommt, dass er noch Aktionär sein könnte. 

Rechtsgewährleistungsrisiken rechtfertigen in der Regel keinen Preisabschluss, solange der Verkäufer die vollen Rechtsgewährleistungsrisiken trägt.

In gravierenden Fällen kann es angezeigt sein, den Unternehmensverkauf nicht als Share Deal sondern als Kauf über einzelne Unternehmensteile (Asset Deal) zu konzipieren.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Bereinigung Ihres Aktienbuchs.

Urs Egli