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e:1.19 Was sagt eine Betreibungsauskunft über die Kreditwürdigkeit?

Geldforderungen werden auf dem Weg der Schuldbetreibung durchgesetzt. Die Anhebung der Schuldbetreibung wird im Betreibungsregister verzeichnet. Die Einsicht in das Betreibungsregister (Betreibungsauskunft) ist deshalb eine wichtige Quelle zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit. Seit 1. Januar 2019 können Schuldner Einträge im Betreibungsregister vergleichswei­se einfach löschen lassen. Der vorliegende epartners Fokus widmet sich dieser Änderung des Schuldbetreibungsrechts.

Einträge im Betreibungsregister und die Einsicht mittels Betreibungsauskunft

Geldforderungen werden auf dem Weg der Schuldbetreibung durchgesetzt. Dieses Verfahren wird durch die Anhebung der Betreibung eingeleitet und die Anhebung im sogenannten Betreibungsregister verzeichnet.

Das Betreibungsregister ist eine wichtige Informationsquelle zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit – Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit – einer Person. Es ist teilweise öffentlich und kann von Dritten eingesehen werden, soweit sie ein Interesse an der Einsicht glaubhaft machen können. Ein solches Interesse haben Dritte beispielsweise wenn sie sich vor der Geschäftsanbahnung über die Kreditwürdigkeit ihres Geschäftspartners informieren wollen. Die Einsicht in das Betreibungsregister wird in der sogenannten Betreibungsauskunft gewährt.

Das Betreibungsregister enthält nicht nur Angaben zu den einmal angehobenen Betreibungen. Zusätzlich sind auch diejenigen Betreibungen verzeichnet und einsehbar, welche mittels Rechtsvorschlag vom Betreibungsschuldner gestoppt und dann vom Gläubiger nicht weiterverfolgt wurden. Dies gilt auch für mehrere Jahre zurückliegende Betreibungen. 

Auch Betreibungen, welche infolge Zahlung des Betreibungsschuldners erloschen sind, bleiben einsehbar. Aus diesem Verhalten des Betreibungsschuldners lässt sich nämlich ableiten, dass er seine Schulden erst auf Druck der Betreibung bezahlt. Dies ist für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit einer Person eine bedeutende Information.

Betreibungen, welche nichtig waren, infolge Beschwerde oder Klage des Betreibungsschuldners aufgehoben wurden, oder in Bezug auf welche ein Betreibungsschuldner mit einer Rückforderungsklage durchgedrungen ist, erscheinen demgegenüber nicht in der Betreibungsauskunft. Eine solche Betreibung, die nicht gerechtfertigt oder mit Verfahrensmängeln behaftet war, lässt nämlich von Vornherein keine zuverlässige Aussage über die Kreditwürdigkeit einer Person zu.

Die bereits bisher eingeschränkte Aussagekraft der Betreibungsauskunft

Die Aussagekraft der Betreibungsauskunft als Informationsquelle zur Abschätzung der Kreditwürdigkeit einer Person ist in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt. 

Erstens sind diejenigen Betreibungen in der Betreibungsauskunft nicht enthalten, deren Verfahren vor über 5 Jahren abgeschlossen wurden. Früheres Verhalten des Betreibungsschuldners bleibt in der Betreibungsauskunft somit regelmässig verborgen, was ihre Aussagekraft bedeutend einschränken kann. 

Zweitens werden Betreibungen in der Betreibungsauskunft unterdrückt, welche vom Gläubiger zurückgezogen werden. Ein solcher Rückzug erfolgt regelmässig in den Fällen, in denen sich Gläubiger und Betreibungsschuldner über einen solchen Rückzug gegen Bezahlung der Forderung einigen. Die Betreibung war in diesen Fällen oft gerechtfertigt. Dass der Betreibungsschuldner erst unter dem Eindruck der Betreibung und des vereinbarten Rückzugs eine berechtigte Forderung bezahlt, wäre daher eigentlich eine wichtige Information zur Abschätzung der Kreditwürdigkeit; trotzdem werden solche Betreibungen in der Betreibungsauskunft nicht offengelegt.

Drittens führt jedes Betreibungsamt ein eigenes Betreibungsregister. Ein nationales Betreibungsregister gibt es nicht. Gerade bei natürlichen Personen mit wechselnden Wohnsitzen kann die Aussagekraft der Betreibungsauskunft deshalb zusätzlich eingeschränkt sein. Dieser Problematik kann nur dadurch begegnet werden, indem auch an jedem früheren Wohnsitz eine Betreibungsauskunft eingeholt wird.

Diese Einschränkungen gelten auch dann, wenn der Betreibungsschuldner über sich selbst eine Auskunft einholt (sogenannte Selbstauskunft), zum Beispiel um diese Dritten vorzulegen.

Zusätzliche Einschränkungen ab 1. Januar 2019...

Es ist eine Eigenart des schweizerischen Schuldbetreibungsrechts, dass Betreibungen ohne jegliche Beweismittel und ohne Urteil angehoben werden können. Betreibungen werden daher von Zeit und Zeit missbräuchlich eingeleitet, um einen Betreibungsschuldner unter Druck zu setzen und zu schikanieren, obschon keine Forderung (oder bloss eine Forderung in geringerem Umfang) besteht. Im Gegenzug kann der Betreibungsschuldner die Betreibung ohne Begründung mittels Rechtsvorschlag stoppen. Solche Betreibungen sind jedoch weiterhin in der Betreibungsauskunft enthalten, da der Rechtsvorschlag zu keiner Unterdrückung führt. Privatpersonen kann dieser Umstand Probleme bereiten, zum Beispiel bei der Wohnungs- oder Stellensuche. Aber auch Unternehmen können in Erklärungszwang kommen, beispielsweise wenn sie in einer Submission eine Betreibungsauskunft einreichen müssen.

Vor diesem Hintergrund wurde das Schuldbetreibungsrecht in Bezug auf das Betreibungsregister zur Missbrauchsbekämpfung per 1. Januar 2019 revidiert. Die Betreibungsauskunft wird demnach im Hinblick auf Betreibungen, welche angehoben wurden, aber in Bezug auf welche nach Erhebung des Rechtsvorschlags vom Gläubiger keine Anstrengungen zur weiteren Durchsetzung unternommen wurden, eingeschränkt. Der Umstand, dass der Gläubiger im Anschluss an die Erhebung des Rechtsvorschlags untätig geblieben ist, legt nämlich nahe, dass die Betreibung nicht gerechtfertigt war. Diese Einschränkung gilt ganz generell, also nicht nur für Privatpersonen. Zudem werden davon alle Betreibungen erfasst, d.h. auch solche, welche vor dem 1. Januar 2019 angehoben wurden.

Betreibungsschuldner können demnach bei erfolgten Betreibungen – nach Ablauf einer Frist von drei Monaten ab Zustellung des Zahlungsbefehls – ein Gesuch an das Betreibungsamt stellen und die Unterdrückung der Betreibung in der Betreibungsauskunft verlangen. Das Gesuch muss nicht begründet werden. Das Betreibungsamt setzt dem betreibenden Gläubiger dann eine Frist von 20 Tagen, um zu belegen, dass Anstrengungen unternommen wurden, um die Betreibung voranzutreiben (Beseitigung des Rechtsvorschlags mittels Anerkennungsklage oder Rechtsöffnung). Unterlässt der Gläubiger die Beibringung solcher Belege und hat das Betreibungsamt nicht von sich aus Kenntnis von solchen Anstrengungen, wird diese Betreibung in der Zukunft in der Betreibungsauskunft Dritten nicht mehr offengelegt. Falls der Gläubiger den Nachweis innert Frist oder nachträglich erbringt oder die Betreibung – nach Beseitigung des Rechtsvorschlags – fortgesetzt wird, wird die Betreibung in der Betreibungsauskunft wieder offengelegt. All dies gilt auch für die Selbstauskunft.

Diese Regelung gilt nicht für Betreibungen, bei welchen der Betreibungsschuldner keinen Rechtsvorschlag erhoben hat; damit bringt er nämlich zum Ausdruck, die Zwangsvollstreckung und die in Betreibung gesetzte Forderung nicht bestreiten zu wollen. Die gleichen Grundsätze gelten bei Bezahlung durch den Betreibungsschuldner. Solche Betreibungen erscheinen weiterhin in der Betreibungsauskunft.

…und daraus folgenden Konsequenzen für die Abklärung der Kreditwürdigkeit

Diese Revision des Schuldbetreibungsrechts beeinträchtigt die Bedeutung und Aussagekraft der Betreibungsauskunft wesentlich. 

Insbesondere bei KMU sind geschäftliche Beziehungen oft dadurch geprägt, dass sich die Durchsetzung einer Geldforderung gegen einen renitenten Schuldner nicht lohnt, zum Beispiel weil der Forderungsbetrag zu gering ist oder nicht genügend Beweismittel vorhanden sind. Aus diesem Grund werden Betreibungen von KMU in der Praxis nach Erhebung des Rechtsvorschlags oft nicht weiterverfolgt. 

Solche, aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht weiterverfolgte Betreibungen werden in Zukunft regelmässig nicht mehr in der Betreibungsauskunft erscheinen, da es der Schuldner in der Hand hat, ohne Begründung die Unterdrückung zu verlangen. Wenn der Gläubiger die Betreibung dann nicht weiterverfolgt, bleibt die Betreibung in der Betreibungsauskunft verborgen. Dritten entgehen dadurch wertvolle Informationen über die Kreditwürdigkeit des Schuldners.

Seit dem 1. Januar 2019 ist es deshalb noch wichtiger als bisher, sich vor Eingehung von Geschäftsbeziehungen mit Personen, denen – beispielsweise durch Vorleistung – faktisch Kredit gewährt wird, über deren Kreditwürdigkeit sorgfältig zu informieren. Die Betreibungsauskunft kann hier wertvolle Informationen liefern; seit dem 1. Januar 2019 ist sie aber noch weniger als bisher als ausschliessliche Informationsquelle nützlich. Auch für Unternehmen, welche Kreditinformationen zur Verfügung stellen, fällt diese Informationsquelle weg.

Gerne unterstützen wir Sie bei Fragen zur Betreibungsauskunft und allen sonstigen Anliegen im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Forderungen. Gleiches gilt für die Beratung im Hinblick auf die Abklärung der Kreditwürdigkeit von potentiellen Geschäftspartnern sowie die Vermeidung von Kreditrisiken.

epartners Rechtsanwälte AG