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e:7.15 Mehr Transparenz im Gesellschaftsrecht – neue Stolperfallen für Gesellschaften und Gesellschafter

Seit 1. Juli 2015 gelten für AG und GmbH und für ihre Aktionäre und Gesellschafter neue Transparenzvorschriften. Dies gilt insbesondere für Inhaberaktien. Die Nichteinhaltung der neuen Regelungen kann drastische Auswirkungen nach sich ziehen.

Neue gesellschafsrechtliche Transparenzvorschriften

Per 1. Juli 2015 wurden für AGs und GmbHs (im Folgenden gemeinsam als «betroffene Gesellschaften» bezeichnet) neue Transparenzvorschriften in Kraft gesetzt. Die Regulierung bringt für alle betroffenen Gesellschaften und deren Aktionäre bzw. Gesellschafter neue Pflichten mit sich. Ihre Nichteinhaltung ist mit gravierenden Konsequenzen verbunden. Die Nichtbefolgung dieser Pflichten kann insbesondere zu ungültigen Generalversammlungs- bzw. Gesellschafterversammlungsbeschlüssen und dem definitiven Verlust von Dividendenansprüchen führen. Um die Lesbarkeit zu verbessern, werden im Folgenden Aktionäre und GmbH-Gesellschafter kollektiv als «Gesellschafter», Aktien und Stammanteile als «Anteile» bezeichnet.

Grundlage der neuen Regelung bilden Empfehlungen der Groupe d'action financière (auch bekannt als Financial Action Task Force), einer internationalen Vereinigung zur Bekämpfung der Geldwäscherei. Ziel dieser neuen Bestimmungen ist primär, die Nutzung der betroffenen Gesellschaften zum Zwecke der Geldwäscherei zu erschweren. Darüber hinaus wird die Schaffung der für den internationalen Informationsaustausch für Steuerzwecke nötigen Transparenzvoraussetzungen bezweckt.

Neue Meldepflichten der Aktionäre und Gesellschafter

Gesellschafter müssen neu der betroffenen Gesellschaft die wirtschaftlich an den von ihnen gehaltenen Anteilen berechtigte Person melden, wenn:

  • ein Gesellschafter aufgrund eines Erwerbs mehr als 25% der vorhanden Stimmen oder des vorhandenen Kapitals hält; oder
  • mehrere Gesellschafter in gemeinsamer Absprache Anteile erwerben, welche mehr als 25% der 

vorhandenen Stimmen oder des vorhandenen Kapitals repräsentieren.

Diese Regelung gilt bei AGs sowohl für Namen- als auch Inhaberaktien.

Zusätzlich müssen Inhaberaktionäre neu ihren Aktienerwerb in jedem Fall der Gesellschaft melden, unabhängig davon, wie viele Inhaberaktien erworben werden. Dazu melden sie der Gesellschaft den vollen Namen bzw. die Firma, die Adresse und bei natürlichen Personen das Geburtsdatum und die Staatsangehörigkeit. Der Erwerb muss mit Unterlagen dokumentiert werden.

Diese Meldungen sind jeweils innert eines Monats seit Erwerb der Anteile vorzunehmen. Keine Meldung ist erforderlich, wenn die Anteile der betroffenen Gesellschaft an einer Börse kotiert sind.

Für Inhaberaktionäre, welche die Aktien bereits vor dem 1. Juli 2015 gehalten haben, besteht zusätzlich die Pflicht, der Gesellschaft den Aktienbesitz und die wirtschaftliche Berechtigung (im Falle der Erreichung der obigen Schwellenwerte) bis Ende 2015 zu melden, auch wenn kein Neuerwerb stattfindet. 

Neue Pflichten für AG und GmbH

Die betroffenen Gesellschaften treffen neu die folgenden Pflichten:

AGs und GmbHs müssen neu ein Verzeichnis der gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen führen. Zu verzeichnen sind Name/Firma und Adresse. Dieses Verzeichnis kann zur Vereinfachung mit dem Aktien bzw. dem Stammanteilsbuch kombiniert werden.

AGs mit Inhaberaktien müssen zusätzlich neu ein Verzeichnis der Inhaberaktionäre führen. Zu verzeichnen sind Name/Firma und Adresse und bei natürlichen Personen Staatsangehörigkeit und Geburtsdatum.

Die Pflicht zur Führung dieser Verzeichnisse trifft den Verwaltungsrat (AG) bzw. die Geschäftsführung (GmbH). Eine interne Delegation ist möglich.

Die entsprechenden Belege und Verzeichnisse müssen für zehn Jahre ab dem Zeitpunkt der Streichung der Person aus dem Verzeichnis (Belege) bzw. ab der Löschung der Gesellschaft (Verzeichnisse) aufbewahrt werden, und zwar so, dass in der Schweiz darauf zugegriffen werden kann.

Falls eine Gesellschaft ihren Inhaberaktionären ermöglichen will, gegen[1]über der Gesellschaft weiterhin anonym zu bleiben, kann die Gesellschaft die Meldung des Erwerbs von Inhaberaktien und die Meldung betreffend wirtschaftliche Berechtigung, soweit diese Inhaberaktien betrifft, an einen dem Geldwäschereigesetz unterstehenden Finanzintermediär delegieren. Dieser ist dann auch für die Führung der Verzeichnisse und die Aufbewahrung der damit zusammenhängenden Belege zuständig. Damit wird verhindert, dass der Gesellschaft die Namen ihrer Inhaberaktionäre bekannt werden.

Gravierende Konsequenzen bei Nichtbeachtung

Um sicherzustellen, dass die neuen Pflichten von den betroffenen Personen und Gesellschaften auch erfüllt werden, wurden harsche zivilrechtliche Sanktionen für den Fall ihrer Nichtbeachtung vorgesehen:

Nach dem Erwerb von Anteilen ruhen die aus den Gesellschaftsanteilen fliessenden Mitgliedschafts- und Vermögensrechte, bis die Meldung vorgenommen wurde. In der Praxis bedeutet dies, dass die neu erworbenen Anteile in dieser Zeit weder ein Recht auf Teilnahme an der General- bzw. Gesellschafterversammlung noch ein Recht auf Erhalt von Dividenden gewähren. Damit besteht das Risiko von unwirksamen General- bzw. Gesellschafterversammlungsbeschlüssen, falls in der Zwischenzeit solche Versammlungen abgehalten werden. Nach Vornahme der Meldung leben diese Rechte grundsätzlich wieder auf. 

Von diesem Grundsatz besteht eine gewichtige Ausnahme: Unterbleibt eine Meldung auch nach Ablauf der einmonatigen Meldefrist, so verliert der betroffene Gesellschafter seine Vermögensrechte, also vor allem den Anspruch auf Erhalt von Dividenden, für den Zeitraum vom Erwerb bis zur Meldung definitiv. Ein Beispiel: Werden Aktien erworben, welche eine Meldepflicht auslösen, und erfolgt die Meldung aber erst 12 Monate nach dem Erwerb, so hat der Gesellschafter den Anspruch auf die in diesen 12 Monaten angefallenen Dividenden definitiv verloren. Dies gilt insbesondere auch für bestehende Inhaberaktionäre, welche die nötige Meldung ihrer Identität bzw. der wirtschaftlich Berechtigten nicht bis Ende des Jahres 2015 vornehmen. Falls die Dividenden trotzdem ausbezahlt werden, ist deren Rückforderung möglich. Ab dem Zeitpunkt der Meldung entstehen Vermögensrechte wieder normal.

Schliesslich trifft den Verwaltungsrat bzw. die Geschäftsführer die Pflicht, sicherzustellen, dass kein Gesellschafter solche ruhenden bzw. verlorenen Rechte gegenüber der Gesellschaft geltend macht. Werden diese Pflichten nicht erfüllt, dann haften die fehlbaren Personen dafür.

Fazit

Zusammenfassend gilt es, das Folgende vorzukehren:

  1. Inhaberaktionäre, welche vor dem 1. Juli 2015 bereits Inhaberaktien besessen haben, sollten baldmöglichst, spätestens jedoch bis Ende 2015, gegenüber der Gesellschaft eine schriftliche Erklärung abgeben, wonach sie Inhaberaktionär sind, und der Gesellschaft ihren Namen bzw. die Firma, die Adresse und bei natürlichen Personen die Staatsangehörigkeit und das Geburtsdatum mitteilen. Falls der Anteil an der Gesellschaft (Stimmrechte oder Kapital) mehr als 25% beträgt, müssen daneben die wirtschaftlich berechtigten Personen offengelegt werden. 
  2. Hat die AG Inhaberaktien und will man die Anonymität der Inhaberaktionäre wahren, so ist darauf hinzuwirken, dass die Gesellschaft den Empfang dieser Meldung und die damit zusammenhängende Verzeichnisführungspflicht an einen Finanzintermediär delegiert.
  3. Beim Erwerb von neuen Anteilen sollten die nötigen Meldungen umgehend nach Erwerb der Anteile gemacht werden: Bei Inhaberaktien ist in jedem Fall die Meldung betreffend die Identität des Inhaberaktionärs zu machen, bei allen Arten von Anteilen die Meldung des wirtschaftlich Berechtigten, wenn die 25%-Schranke durchbrochen wird.
  4. Betroffene Gesellschaften sollten die nötigen Verzeichnisse einrichten und sicherstellen, dass Gesellschafter ihre Mitgliedschafts- und Vermögensrechte nur dann ausüben können, wenn sie den Meldepflichten nachgekommen sind.

Wir sind mit dem Gesellschaftsrecht und den neuen Regeln vertraut und unterstützen Sie gerne dabei, die nötigen Vorkehrungen zu treffen.