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Das neue Bundesgesetz über die Produktesicherheit und seine Bedeutung für das Baustelleninventar

Am 1. Juli 2010 ist das Produktesicherheitsgesetz (PrSG) in Kraft getreten. Es ersetzt das Bundesgesetz über die Sicherheit technischer Einrichtungen und Geräte (STEG). 

Neu ist, dass nun das gesamte Inventar des Bauunternehmers, also auch Eigenkonstruktionen, in jeder Hinsicht die gleichen Anforderungen erfüllen müssen wie Produkte eines professionellen Herstellers. 

Dasselbe gilt, wenn der Bauunternehmer sicherheitsrelevante Modifikationen an seinem Inventar vornimmt. Beim Wiedereinsatz von Anlagen, Maschinen und Geräten kann eine Konformitätsprüfung durch einen Spezialisten nötig sein. 

Eigenkonstruktion, Aufbereitung und Modifikation von Inventar 

Eigenkonstruktionen 

Das Produktesicherheitsgesetz hat keinen Einfluss auf Inventar, welches von Profis für die Bauindustrie hergestellt und vertrieben wird – zumindest solange es sich dabei um Maschinen handelt. 

Das nunmehr abgelöste STEG galt jedoch nicht für Produkte, die für den Eigengebrauch hergestellt wurden. Zwar musste vom Bauunternehmer selbst konstruiertes Inventar schon bisher sicher sein und war Gegenstand von SUVA-Kontrollen. Von Spezialfällen abgesehen galten diverse formelle Anforderungen, die für den Maschinenbauer Alltag sind, für Eigenkonstruktionen aber nicht. 

Heute ist das anders. Das Produktesicherheitsgesetz gilt für alle verwendungsbereiten, beweglichen Sachen (Art. 2 Abs. 3 PrSG). Durch gewerblichen Eigengebrauch wird ein selbst hergestelltes Produkt “in Verkehr gebracht”. 

Sobald Baustelleninventar beispielsweise unter den Begriff “Maschine” fällt, ist (via die schweizerische Maschinenverordnung) die europäische Maschinenrichtlinie zwingend zu beachten. Dabei geht es nicht nur um die materielle Einhaltung von Sicherheitsvorschriften, sondern auch um zahlreiche formelle Fragen wie Risikobeurteilung, Dokumentation und Konformitätsbescheinigung. 

Wer sich einmal den Anhang I der Maschinenrichtlinie zu Gemüte geführt hat, weiss, dass ausschliesslich Profis diese Anforderungen erfüllen können. Die Zeit kreativer Eigenkonstruktionen in Werkhöfen und in den Werkstätten von Grossbaustellen ist definitiv vorbei. 

Aufbereitung und sicherheitsrelevante Modifikationen – heikle Grauzonen 

Der Bauunternehmer gilt nicht nur dann als “Inverkehrbringer” von Baustelleninventar, wenn er es selbst konstruiert, sondern auch, wenn er es “wieder aufbereitet” oder “die Sicherheitseigenschaften beeinflusst” (Art. 3 Abs. 4 PrSG). 

Heikle Grauzonen entstehen so, wenn in Werkhöfen eingelagerte Geräte, beispielsweise Betonanlagen, nicht einfach wieder in Betrieb genommen werden können, sondern für den erneuten Einsatz zuerst hergerichtet werden müssen. 

Es ist definitiv nicht mehr verantwortbar, eingemottete Veteranen für den gelegentlichen Werkhofeinsatz heranzuziehen. Auch beispielsweise beim Transportinventar im Tunnelbau dürfte ein Umdenken nötig sein. 

Kommen gebrauchte Grossgeräte wie Tunnelbohrmaschinen, Nachläufer, Anlagen zur Ver- und Entsorgung, Materialaufbereitung etc. wieder zum Einsatz, wird wohl eine Konformitätsprüfung durch einen Spezialisten in Zukunft unumgänglich sein. 

Auch Inventar, welches im Occasionshandel beschafft wird, verlangt in Zukunft erhöhte Aufmerksamkeit. 

Die Anforderungen des Produktesicherheitsgesetzes 

Das Produktesicherheitsgesetz und die dazu gehörenden Verordnungen und Spezialgesetze sind die Grundlage für strenge und zwingend einzuhaltende Regeln und Vorschriften materieller und formeller Natur. 

Einhaltung der einschlägigen Normen 

Der Hersteller und jeder sonstige “Inverkehrbringer” sind dafür verantwortlich, dass ihre Produkte die Sicherheit der Anwender und von Dritten höchstens geringfügig gefährden, dies bei jeglicher vernünftigerweise vorhersehbaren Verwendung. 

Jedes Produkt muss den “grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen” entsprechen. Existieren anerkannte Konstruktionsnormen, müssen Produkte nach diesen konstruiert sein. 

Kennzeichnung, Hinweise und Anleitungen 

Jedes in Verkehr gebrachte Produkt muss entsprechend dem Gefährdungspotential gekennzeichnet, verpackt und mit Anleitungen für Montage, Installation, Wartung, Bedienung und Entsorgung versehen sein. 

Warn- und Sicherheitshinweise und sonstige Informationen zum Produkt müssen dem spezifischen Gefährdungspotential entsprechen. 

Konformitätsnachweis und technische Dokumentation 

Es genügt nicht, dass ein Produkt sicher ist. Die Sicherheit muss nachgewiesen und bescheinigt sein. Die Risiken müssen ermittelt und beurteilt werden. Risikobeurteilungen und getroffene Massnahmen müssen nachvollziehbar dokumentiert sein. 

Die Norm- und Vorschriftskonformität muss entsprechend den für das konkrete Produkt geltenden einschlägigen Vorschriften bescheinigt werden. 

Bei den meisten Produkten genügt dazu die Konformitätserklärung in Form einer Selbstdeklaration. Für gewisse Produkte (z.B. die in Anhang IV der europäischen Maschinenrichtlinie aufgeführten Maschinen) ist eine Baumusterprüfung unter Beizug einer akkreditierten Stelle notwendig. 

Hohe Bussen – auch ohne Unfall 

Verstösse gegen die Pflichten des Produktesicherheitsgesetzes werden mit harten Sanktionen geahndet, ohne dass jemand geschädigt werden müsste. Es genügt, dass Produkte nicht gemäss den Vorschriften des PrSG in Verkehr gebracht werden. 

Ausdrücklich gewarnt sei vor dem leichtfertigen Ausstellen von Konformitätserklärungen. Bei Vorsatz mit Täuschungsabsicht drohen Gefängnisstrafen und Bussen von bis zu einer Million Franken. 

Übergangsfrist und geltende Vorschriften 

Bis am 31.12.2011 dürfen Eigenkonstruktionen noch verwendet werden, auch wenn sie die neuen Anforderungen des PrSG nicht erfüllen. Hektik ist daher noch nicht angesagt. 

Das Produktesicherheitsgesetz verunmöglicht den Einsatz von älteren Maschinen nicht. Vorbehältlich Spezialvorschriften (z.B. Krane) genügt es, wenn die Vorschriften und Normen zum Zeitpunkt des ersten Inverkehrbringens in der Schweiz oder in der EU eingehalten sind. 

Von ausserhalb der EU eingeführte Maschinen müssen jedoch den neuesten, in der Schweiz geltenden Vorschriften entsprechen. Dasselbe gilt, wenn Maschinen sicherheitsrelevant verändert werden. 

Kauf und Verkauf von Occasionen

Kauf vom Occasionshändler – Verträge prüfen! 

Da auch der Händler von gebrauchten Baustelleninstallationen von den Pflichten des Produktesicherheitsgesetzes erfasst wird, ist er verantwortlich, dass die von ihm verkauften Geräte den Vorschriften entsprechen und alle formellen Anforderungen wie Dokumentation, Nachweise etc. erfüllt sind. 

Der Occasionshändler kann sich von diesen Pflichten befreien, wenn er den Käufer darauf hinweist, dass die Geräte vor Verwendung noch instand gesetzt werden müssen. Wer Überraschungen vermeiden will, tut gut daran, die Verträge beim Kauf von Occasionsinventar auf solche Hinweise zu prüfen! 

Abstossen von Inventar: schriftlicher Hinweis auf vorgängige Instandsetzung 

Will der Bauunternehmer altes, nicht betriebsbereites Inventar loswerden, muss er den Käufer schriftlich darauf hinweisen, dass es vor Verwendung instand gesetzt werden muss (Art. 1 Abs. 4 PrSG).