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e:3.18 Entsendung von Arbeitnehmern

Die Entsendung von Arbeitnehmern vom Ausland in die Schweiz hat insbesondere im Dienstleistungssektor – und dort namentlich im IT-Bereich – oder beispielsweise in der Montage eine grosse praktische Bedeutung. Aber auch konzernintern werden oftmals grenzüberschreitende Entsendungen vorgenommen. In diesem Zusammenhang stellen sich verschiedene Rechtsfragen, bei denen es sich lohnt, diese frühzeitig zu klären.

Definition der Entsendung

Bei entsandten Arbeitnehmern handelt es sich um Personen, die von ihrem Arbeitgeber in die Schweiz entsendet werden, damit sie hier für einen bestimmten Zeitraum auf Rechnung und unter Leitung des Arbeitgebers im Rahmen eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Arbeitgeber und einem Leistungserbringer eine Arbeitsleistung erbringen oder in einer Niederlassung oder einem Betrieb arbeiten, der zur Unternehmensgruppe des Arbeitgebers gehört (Art. 1 Abs. 1 EntsG). Der Arbeitnehmer bleibt in beiden Fällen während der ganzen Dauer des Einsatzes seinem bisherigen Arbeitgeber unterstellt, das Weisungsrecht geht somit nicht auf den Einsatzbetrieb über. 

Beim Übergang des Weisungsrechts auf den Einsatzbetrieb liegt dem[1]gegenüber Personalverleih aus dem Ausland vor, der grundsätzlich verboten ist (Art. 12 Abs. 2 Arbeitsvermittlungsgesetz, «AVG»).

Eine Entsendung ist durch folgende Elemente charakterisiert:

  • Entsendende Partei: Arbeitgeber mit Sitz im Ausland;
  • Entsandte Partei: Arbeitnehmer, keine selbständigerwerbenden Dienstleister;
  • Einsatzbetrieb: Arbeitsleistung in einem Betrieb in der Schweiz;
  • Dauer: Zeitlich begrenzte Tätigkeit in der Schweiz;
  • Entsendekonstellation: Konzerninterne Entsendung oder Arbeitsleistung aufgrund eines Vertrags des ausländischen Arbeitgebers mit einem Dritten.

Rechtsgrundlagen 

Die rechtlichen Grundlagen zum grenzüberschreitenden Personaleinsatz finden sich insbesondere in folgenden Erlassen:

  • Freizügigkeitsabkommen: Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit («FZA»);
  • Entsendegesetz: Bundesgesetz über die flankierenden Massnahmen bei entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und über die Kontrolle der in Normalarbeitsverträgen vorgesehenen Mindestlöhne («EntsG»);
  • Entsendeverordnung: Verordnung über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer («EntsV»);
  • Ausländergesetz: Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer («AuG»).
  • Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit («VZAE»).

Gerichtsstand und anwendbares Recht

Aufgrund des Auslandsbezugs ist zu prüfen, welche Gerichte für Streitfragen zuständig sind und welches Landesrecht das Arbeitsverhältnis regelt.

Für den Gerichtsstand ist Art. 115 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht («IPRG») einschlägig. Demnach sind für Klagen bezüglich der anzuwendenden Lohn- und Arbeitsbedingungen die schweizerischen Gerichte zuständig («Gerichtsstand am Entsendeort», Art.  115 Abs. 3 IPRG). Für allfällige weitere strittige Punkte richtet sich der Gerichtsstand nach Art. 115 Abs. 1 (Wohnsitz des Beklagten/Ort der gewöhnlichen Arbeitsverrichtung) bzw. Abs. 2 (Wohnsitz/Aufenthaltsort des Arbeitnehmers) IPRG. 

Die Bestimmung des anwendbaren Rechts erfolgt nach objektiven Kriterien im Sinne von Art. 121 IPRG. Demnach untersteht der Arbeitsvertrag grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet (Abs. 1). Verrichtet der Arbeitnehmer seine Arbeit jedoch gewöhnlich in mehreren Staaten, so untersteht der Arbeitsvertrag dem Recht des Staates, in dem sich die Niederlassung oder, wenn eine solche fehlt, der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt des Arbeitgebers befindet (Abs. 2). Eine Rechtswahl ist gemäss Art. 121 Abs. 3 IPRG nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Sie sollte vor allem dann getroffen werden, wenn der Arbeitsort vorübergehend, rasch wechselnd oder unbestimmbar ist.

Zwingende Normen des Schweizer Arbeitsrechts

Das schweizerische Arbeitsrecht enthält folgende Besonderheit: Es gibt zwingend anzuwendende Normen und zwar unabhängig davon, ob die Parteien ein ausländisches Recht gewählt haben oder ein solches durch objektive Anknüpfung zur Anwendung gelangt (Art. 118 IPRG). Dabei handelt es sich beispielsweise um Vorschriften des Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, «ArG») oder des Entsendegesetzes betreffend end minimale Lohn- und Arbeitsbedingungen (Art. 2 EntsG). Darunter fallen u.a. Normen betreffend Sonn- und Feiertagsarbeit, Höchstarbeits- und Ruhezeit, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Schutz von Schwangeren, Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen, Mindestlohn und Lohnschutz, Gleichbehandlung/Nichtdiskriminierung, Mindestdauer der Ferien.

Umstritten ist derweil die Frage, ob Bestimmungen, welche gemäss Art. 361 und 362 des Obligationenrechts («OR»), die für rein schweizerische Arbeitsverhältnisse als zwingend bzw. teilzwingend gelten, auch bei internationalen Verhältnissen als zwingend zu qualifizieren sind (Bsp. Kündigungsfristen). Demgegenüber sind Normen des Drittstaates in der Schweiz nur sehr beschränkt anwendbar, sofern Schweizer Recht zur Anwendung gelangt (Art. 19 IPRG).

Zulassung zum Schweizer Arbeitsmarkt

In der Schweiz besteht ein duales Zulassungssystem zum Arbeitsmarkt; es wird danach unterschieden, ob jemand aus einem EU/EFTA-Staat oder einem Drittstaat stammt. Prioritär werden Arbeitskräfte aus den EU/EFTA-Staaten zugelassen, wobei das Freizügigkeitsabkommen zur Anwendung gelangt. Komplementär werden qualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten zugelassen, was sich nach dem Ausländergesetz richtet.

Für Angehörige der EU-27/EFTA-Staaten und unter bestimmten Voraussetzungen auch für Arbeitnehmer, die von einem Betrieb mit Sitz in einem EU-27/EFTA-Staat entsandt werden, gilt folgende Regelung:

  •  Melde- und bewilligungsfrei: Arbeitsleistungen bis 8 Arbeitstage pro Kalenderjahr (mit branchenspezifischen Ausnahmen, Art.  6 Abs. 2 EntsV);
  •  Meldepflicht nach EntsG und EntsV: Arbeitsleistungen, die länger als 8, aber maximal 90 Arbeitstage pro Kalenderjahr dauern (Art. 6 Abs. 1 EntsV);
  •  Bewilligungspflicht nach AuG und VZAE: Arbeitsleistungen, die länger als 90 Arbeitstage pro Kalenderjahr dauern (Art. 17 lit. a FZA).

Die Meldung ist bis spätestens 8 Tage vor Beginn der Arbeiten in der Schweiz durch den Arbeitgeber vorzunehmen. Ist eine Bewilligung erforderlich, ist diese vor Ablauf der bewilligungsfreien Aufenthaltsdauer durch den Einsatzbetrieb zu beantragen. 

Für die Entsendung aus einem Drittstaat gilt ab einem Einsatz von mehr als 8 Arbeitstagen pro Kalenderjahr (bzw. je nach Branche bereits ab dem ersten Arbeitstag) eine Bewilligungspflicht. Dabei gelten folgende Grundvoraussetzungen für die Zulassung zum schweizerischen Arbeitsmarkt (Art. 18 bis 24 AuG):

  •  Gesamtwirtschaftliches Interesse;
  •  Höchstzahlen/Kontingente;
  •  Inländervorrang;
  •  Einhaltung Lohn- und Arbeitsbedingungen;
  •  Persönliche Voraussetzungen (nur qualifizierte Arbeitskräfte);
  •  Bedarfsgerechte Wohnung.

Im Falle einer Bewilligungspflicht werden folgende Bewilligungsarten unterschieden: 

  •  4-Monate- oder 120-Tages-Bewilligung (Art. 12 VZAE);
  •  L-Bewilligung (Kurzaufenthaltsbewilligung; Art. 32 AuG);
  •  B-Bewilligung (Aufenthaltsbewilligung; Art. 33 AuG);
  •  C-Bewilligung (Niederlassungsbewilligung, Art. 34 AuG);
  •  G-Bewilligung (Grenzgängerbewilligung, Art. 35 AuG);
  •  Bewilligung für Kadertransfers (Art. 30 Abs. 1 lit. h AuG).

Fazit

Bei einer Entsendung ausländischer Arbeitnehmer in die Schweiz sind die vorgenannten Vorschriften einzuhalten. Zu beachten ist dabei, dass neben den genannten arbeits- und ausländerrechtlichen Bestimmungen auch sozialversicherungsrechtliche (Koordinationsprinzip) und steuerrechtliche Aspekte (z.B. Quellensteuer) eine Rolle spielen. 

Bei der Durchführung einer Entsendung von Arbeitnehmern aus dem Ausland in die Schweiz empfiehlt es sich, pragmatische Rechtsanwälte beizuziehen, welche über einschlägige Erfahrung verfügen. Dank unseres juristischen Sachverstands können wir Sie effizient, rasch und praxisgerecht unterstützen.

epartners Rechtsanwälte AG